Wissenschaft trifft Leitungsbau
-
04. Februar 2021
-
Forschung und Entwicklung,
Erdkabel
Erdkabel werden schon lange zur Stromübertragung eingesetzt, im Höchstspannungsbereich ab 220 Kilovolt bislang allerdings nur zur Übertragung von Gleichstrom, beispielsweise um große Offshore-Windparks an das Stromnetzanzubinden oder um Strom über weite Strecken zu transportieren. Anders als bei der Gleichstromübertragung gibt es im Drehstromhöchstspannungsbereich nur wenige Langzeiterfahrungen mit Erdkabeln.
Motivation und Hintergrund
Die Eigentümer und Bewirtschafter von Ackerland fragen, welche Auswirkung eine Höchstspannungserdkabeltrasse auf die landwirtschaftliche Nutzung, insbesondere auf den Ertrag hat. Fest steht, die Bauarbeiten haben einen Einfluss auf die Bodenphysik. Insbesondere können sich Bodendichteänderungen auf den Wasser- und Stoffhaushaltauswirken. Darüber hinaus erwärmen sich Höchstspannungserdkabel im Betrieb aufgrund der Verlustleistung. Die Erdkabel liegen zwar in einem von Bettungsmaterial umgebenen Leerrohr, dennoch wird Wärme an den Boden abgegeben. Vor diesem Hintergrund haben TenneT und die Georg-August-Universität Göttingen ein umfangreiches Forschungsprojekt initiiert, um die bau- und betriebsbedingten Wirkungen einer Erdkabelanlage in einem Zeitraum von sechs Jahren systematisch zu untersuchen.
Versuchsaufbau
Die Umsetzung findet seit April 2019 auf einem Feld am Versuchsgut Reinshof der Georg-August-Universität Göttingen statt: Dort wurde eine Erdkabelanlage zu Testzwecken errichtet.
Insgesamt wurden drei Testfelder angelegt, um die folgendenVersuche durchzuführen:
• Rückverfestigungsversuche 1 und 2: Herstellung einer 380 kV Drehstromanlage
ohne Betriebssimulation mit unterschiedlichem Bettungsmaterial
• Temperaturversuch: Herstellung einer 380 kV-Drehstromanlage mit Betriebssimulation
Abbildung: Das Testfeld am Reinshof
Die Rückverfestigungsversuche nehmen die mittel- und langfristigen Auswirkungen auf die Bodenverhältnisse – ohne Betriebssimulation – in den Blick. Untersucht wird beispielsweise wie lange es dauert, bis sich die gewünschten Bodenfunktionen wiedereinstellen.
Mit dem Temperaturversuch werden die möglichen bau- und betriebsbedingten Veränderungen nach der Grabenverfüllung während eines simulierten Betriebs untersucht. Die Betriebssimulation erfolgt über eine Beheizung (mittels Heizbändern in den verlegten Leerrohren), die in ihren thermischen Eigenschaften der Verlustleistung realer 380 kV-Erdkabelanlagen entspricht. Im Verlauf des Experiments wird hier ein Erdkabelbetrieb mit unterschiedlichen „Leistungsabgaben“ simuliert.Diese experimentelle Herangehensweise dient auch der Sicherung und Übertragbarkeit der Testergebnisse auf andere Drehstrom- und gegebenenfalls Höchstspannungsgleichstromerdkabeltrassen.
Das Factsheet zum Projekt können Sie hier ansehen.
Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.
0 Kommentare