Geplante Maststandorte werden auf Kampfmittel untersucht
Sicherheit geht vor
Er scheint weit zurück zu liegen: Und doch stoßen wir von Zeit zu Zeit auf die Spuren des Zweiten Weltkriegs. Die Jahrzehnte alten Kampfmittel, zum Teil verrostet und mit Erde bedeckt, sorgen immer wieder für Aufmerksamkeit: z.B. wenn neue Häuser oder Straßen gebaut werden. Bei der Planung des Ostbayernrings spielt eine Kampfmittelvoruntersuchung ebenfalls eine wichtige Rolle. Schließlich müssen die neuen Masten auf einem soliden Fundament stehen.
Derzeit finden entlang des Ostbayernrings Baugrunduntersuchungen statt. Um zu vermeiden, dass durch diese Arbeiten Gefahr für Mensch und Tiere oder für Infrastrukturen entsteht, ist die Suche nach alten Kriegsmitteln ein erster unverzichtbarer Schritt. Ein Rückblick auf das Geschehen in der Region während des Weltkriegs zeigt, wie wichtig diese vorbereitenden Maßnahmen sind.
Der Zweite Weltkrieg in Oberfranken und der Oberpfalz
Bereits 1940 war der Weltkrieg in der Region direkt zu spüren: In der Nacht vom 16. auf den 17. August 1940 erlitt Münchberg einen Angriff aus der Luft – als erste Gemeinde in Bayern überhaupt. Immer noch ist ungeklärt, wer damals die Bomben abwarf, die zwei Menschen verletzten und einen hohen Schaden erzeugten. Die Gründe für den Angriff konnten nie eindeutig geklärt werden: Es befand sich schließlich keine wichtige Kriegsproduktion vor Ort. Die nächsten Angriffe aus der Luft erfolgten im Februar und April 1945.
Während der Offensive der Alliierten standen im Norden Bayerns vor allem Großstädte wie Nürnberg oder Würzburg unter Beschuss. Parallel wurden aber auch viele kleinere relevante Städte, Gemeinden und ländliche Gebiete angegriffen: In den Fokus gerieten Industrieanlagen, Rohstofffördergebiete wie Tagebaue oder Minen, Regierungsgebäude und insbesondere die Verkehrsinfrastruktur.
So wurde beispielsweise der Bahnhof von Schwandorf im April 1945 mehrfach getroffen, mit zerstörerischen Auswirkungen für die gesamte Stadt. In Augenzeugenberichten von damals finden sich drastische Beschreibungen wie „Ruinenmeer“. Das Antlitz der Stadt wurde durch den Krieg für immer verändert. Weitere Angriffsziele lagen in Amberg, Weiden und Grafenwöhr. Immer wieder kam es neben gezielten Bombardierungen zum Abwurf von Kriegsmitteln auf militärisch nicht relevante Gebiete.
Es ist unklar, wie viele Bomben insgesamt in der Region abgeworfen wurden und wo Blindgänger im Erdreich liegen. Die Region Redwitz/Mechlenreuth war durch sogenannte Not- bzw. Restabwürfe betroffen und wurde zum Kriegsende sieben Mal Ziel taktischer Luftangriffe. Besonders in Waldgebieten sehen die Experten ein erhöhtes Risiko, wenn es sich um Bereiche handelt, die über einen längeren Zeitraum vom Menschen nicht groß verändert wurden. Vor Beginn der Baugrunduntersuchungen entlang des Ostbayernrings haben wir deshalb eine Kampfmittelsondierung durchgeführt.
Ohne Voruntersuchung wird nicht gebohrt
Für die Suche von Kampfmitteln nutzen Experten unterschiedliche Methoden: Beispielsweise greifen sie auf historische Karten zurück, in denen die damalige Infrastruktur verzeichnet ist und Dokumente, die Angriffe vermerkt haben. Für die Auswertung beim Ostbayernring wurden insgesamt 271 Luftaufnahmen vom 17. Dezember 1944 bis zum 18. September 1945 verwendet, außerdem 31 Aufnahmen von 1946 und 1947, ein digitales Geländemodell sowie schriftliche Quellen. Auch nutzen Experten den Austausch mit Geschichtsvereinen, lokalen Experten und eventuell sogar Zeitzeugen.
Auch die Topographie lässt Rückschlüsse über Angriffe zu: Gesucht wird nach Bomben- und Artillerietrichter, Blindgängerverdachtspunkten, Stellungen, Gräben, kriegsbedingte Gebäudezerstörungen und Trümmer. Krater sind teilweise auch noch Jahrzehnte später durch Infrarotaufnahmen oder Satellitenfotos zu erkennen. Die Unterscheidung der Kriegseinwirkungen in den Luftbildern erfolgt nach rein optischen Gesichtspunkten.
Die ausführenden Experten bewerteten dabei die vorliegende Datenbasis als gut und ausreichend, um eine belastbare Aussage zu der potenziellen Kampfmittelbelastung in dem Bereich anzufertigen. An fortführenden konkreten Untersuchungen vor Ort führt trotzdem manchmal kein Weg vorbei. Dazu wird das Gelände mit Spezialgeräten wie Metalldetektoren nach Kampfmitteln abgesucht.
Eines ist elementar: Ohne Kampfmittelvoruntersuchung wird nicht gebohrt!
Es ist ein wichtiger Teil des umsichtigen und vorausschauenden Vorgehens von TenneT, das Thema Kampfmittel nachhaltig anzugehen. Schließlich geht es darum, eventuell kontaminierte Bereiche zu entdecken und zu entschärfen. So werden die Gefahren für die Bevölkerung und Tierwelt entfernt.
TenneT kommt die langjährige Erfahrung bei der Räumung mit Kampfmitteln zu Gute: Beim Bau von Offshore-Leitungen – wie beispielsweise für den Offshore-Windpark Riffgat – konnte TenneT viel Erfahrung mit dem behutsamen und sicheren Bergen und teilweise auch Entschärfen von Kampfmitteln sammeln. In Riffgat wurden in 18 Monaten rund 28 Tonnen Kampfmittel geräumt – ohne Verletzte und ohne negative Auswirkungen auf die Natur und die technologische Infrastruktur.
Ob an Land oder im küstennahen Meer: Immer wieder werden die Fachleute mit den Resten der Kriege in Europa konfrontiert. Allein im Meer liegen laut dem Bund-/Länder-Messprogramm zur Munitionsbelastung der deutschen Meeresgewässer bis zu 1,3 Millionen Tonnen Kampfmittel.
Im Vergleich dazu ist die Region Oberfranken und Oberpfalz nur sehr gering belastet. TenneT stellt sicher, dass während der Voruntersuchung zum Ostbayernring keinerlei Gefahr für die Bevölkerung vor Ort ausgeht.
0 Kommentare