Rückbau und Renaturierung im Abschnitt C
Der Rückbau ausgedienter Hochspannungsleitungen bringt Entlastungen für Mensch und Natur. Nachdem der Abschnitt C des neuen Ostbayernrings im Jahr 2022 erfolgreich in Betrieb genommen wurde, ist TenneT hier mit dem Abbau der alten Leitung beschäftigt und beginnt 2023 mit der Renaturierung: Über 20 verschiedene Maßnahmen für Wiesen und Wälder werden nun anschließen und helfen hier, unter anderem, die Artenvielfalt zu erhöhen.
Entlastung durch Abbau der Bestandsleitung
Freileitungen gehören seit über 100 Jahren zur Kulturlandschaft. Durch den Netzausbau entstehen neue und leistungsfähigere Höchstspannungsleitungen wie der neue Ostbayernring – die Bestandsleitungen haben dann ihren Dienst erfüllt. Mit dem sorgsamen Rückbau der alten Leitungen kann TenneT den ländlichen Raum entlasten. Masten und Leiterseile werden abgebaut und Maßnahmen zur Renaturierung begonnen. So wird Platz geschaffen für die Landwirtschaft und für Lebensräume der Pflanzen und Tiere – derzeit im Abschnitt C des Ostbayernrings, zwischen dem Umspannwerk Redwitz und dem Umspannwerk Mechlenreuth.
Was gibt es jetzt und in den nächsten Monaten im Abschnitt C zu sehen?
Großes öffentliches Interesse gab es hier gerade bei den letzten Rückbauten. Per Helikopter wurden bei Stadtsteinach, rund um Mast 65, die besonders hohen Masten zurückgebaut. Das war spektakulär und auch notwendig, denn die oft über 40 Tonnen schweren Kräne wären auf den feuchten Böden eingesunken. Die Leiterseile wurden bereits komplett abgenommen. Kletterer haben anschließend oben die Schraubverbindungen gelöst, anschließend wurden die oberen Elemente vom Helikopter abgenommen, abgelegt und per LKW abtransportiert. Im Mai 2023 sollte der Rückbau der alten Leitung abgeschlossen sein.
Eine Wiese wird kopiert
In den kommenden Monaten starten die Maßnahmen zur Renaturierung. Insgesamt geht es um über 21 verschiedene Methoden, Wiesen und Wälder wieder in einen naturnahen Zustand zu versetzen. Eine davon ist die sogenannte Mähgutübertragung – hierzu wird eine Fläche mit Blumen und Kräutern ausgesucht, abgemäht und dieses Mähgut auf eine neue Fläche übertragen. Durch die übersiedelten Samen wird die ursprüngliche Wiese damit „kopiert“. Die Vorteile: es wird kein neues Saatgut benötigt und die Pflanzenarten sind bereits an Witterungsbedingungen angepasst. Die Flächen werden dabei meist weiterbenutzt. Bestimmte Pflanzen wachsen durch Störung sogar besser, etwa bei Viehhaltung. Die Flächen, zu denen das Mähgut gebracht wird, müssen noch aufgelockert werden. Später blüht es dort je nach Mix der Arten unterschiedlich farbig, da nicht alle Kräuter auffallend blühen. Die „Spenderflächen“ sucht TenneT zusammen mit Naturschutzverbänden und Bauernverbänden aus. Der Transfer, also die Mähgutübertragung, ist für den Sommer 2024 geplant. Im Juni gibt es die meisten Samen, es darf auch nicht zu heiß und trocken sein. Zuvor jedoch muss die Naturschutzbehörde ein Register dafür aufbauen.
Aufforstung und Waldumbau
Ein Schwerpunkt der Renaturierung ist die Aufforstung. Wo durch den Leitungsbau gerodet wurde, wird nun komplett aufgeforstet. Dabei geht es um den Klimaschutz, aber auch um die Pflege des Landschaftsbildes. Waldumbau ist eine weitere Methode zur Diversifikation.
Monokulturen werden mit unterschiedlichen Pflanzenarten aufgeforstet – im Schnitt sollen am Ende zehn statt zwei Arten pro Flächeneinheit stehen. Hierzu werden einzelne Bäume in einem Bestand durch andere Baumarten ersetzt – was die Artenvielfalt und die Widerstandskraft des Waldgefüges insgesamt erhöht. Beginn der Maßnahmen ist für den Herbst 2023 angesetzt, bei einem warmen Winter geht es eventuell auch später. Aufgrund der hohen Kosten findet hierzu eine EU-weite Ausschreibung statt.
Ruhezonen für die Waldentwicklung
Zwar müssen in Abschnitt C keine Tiere mehr umgesiedelt werden, doch hat TenneT während der Baumaßnahmen hier schon viel unternommen: Von Nistkästen, Habitat-Bäumen bis zu den Schutzzäunen für Amphibien an den Mastbaustandorten. Beim Ostbayernring insgesamt wurden etwa 2.800 Nisthilfen aufgehängt und fast 3.000 Habitat-Bäume eingerichtet, die nun mindestens 70 Jahre stehen bleiben müssen. Im Abschnitt C gehören auch Waldentwicklungsflächen von circa 4,4 Hektar dazu. Dabei handelt es sich um Ruhezonen, die vom Menschen nicht mehr betreten werden und nur in Notfällen, bei Bränden oder Schädlingsbefall, behandelt werden dürfen.
Was passiert mit den alten Leiterseilen, Masten und Fundamenten?
TenneT verfolgt das Ziel, die Baumaterialien in einem möglichst langen Lebenszyklus zu verwenden. Hoher Materialverbrauch soll vermieden werden. Viele Metalle werden recycelt, eingeschweißt und umgebaut. Dabei wird eine Abfallhierarchie angestrebt: Was kann vermieden werden? Was kann wiederverwendet werden? Was wird recycelt, was wird verworfen?
Bei den Fundamenten wird von Fall zu Fall anders entschieden. Wo immer es möglich ist, werden die alten Betonfundamente aus dem Boden entfernt. In Feuchtgebieten oder Mooren ist der Ausbau mit Blick auf die Umwelt aber nicht sinnvoll. Hier werden die zugänglichen Teile dann nur niedergeschnitten.
Welche Maschinen und Werkzeuge kommen zum Einsatz?
Beim Rückbau kommt fast so großes Gerät zum Einsatz wie beim Bau: Zum Beispiel große Bagger mit verschiedenen Schaufelarten oder Luftdruckhämmer zum Aufmeißeln der Fundamente. Diese Maschinen müssen natürlich zu den ehemaligen Maststandorten kommen. Dafür wird mit leichtem oder schweren Wegebau eine Baustraße eingerichtet, dies geschieht mit Stahlplatten oder mit Schotter und Vliesen. Interessant ist, dass es sich beim Schotter um ein Leasing-Produkt handelt. Damit gibt es ein wirtschaftliches Interesse an der Wiederverwendung.
Wie lange benötigt ein Boden für die Erholung?
Bei der Nutzung durch die Landwirtschaft erholt sich der Boden relativ schnell. Nach einem einmaligen Pflügen lässt sich hier bereits wieder arbeiten. Bei alten Maststandorten im Wald oder auch den Bereichen unter den Leiterseilen dauert die Wiederaufforstung, beziehungsweise das Anwachsen neuer Bäume natürlich etwas länger. Je nach Baumarten steht nach 15 Jahren ein niedriger Wald und nach etwas 30 Jahren wieder ein hoher und dichter Wald. Laubbäume sind dabei manchmal etwas langsamer als Nadelbäume.
Letzte Handgriffe vor Abschluss
Nachdem lange Zeit Ruhe herrschte, kehrte mit dem Rückbau einer Bestandsleitung unweigerlich relativ viel Betriebsamkeit zurück. Eine gewisse Sorge ist hier ganz natürlich. Umso wichtiger ist für TenneT die Aufklärung über alle Schritte, die unternommen werden. Das Team ist daher viel vor Ort und freut sich über den direkten Austausch. Dank der intensiven Beteiligung ist das Echo am Ostbayernring überwiegend positiv – und nach Rückbau und den Maßnahmen zur Renaturierung kehrt dann dauerhaft eine gewohnte Ruhe zurück.