Redispatch: Systemsicherung im Übertragungsnetz
Ein wichtiger Grund für den Netzausbau heißt „Redispatch“: Regelmäßig müssen Übertragungsnetzbetreiber Kraftwerke und andere Energieerzeuger anweisen, die Leistung ihrer Anlagen zu drosseln, um eine Überlastung der Leitungen zu verhindern. Die Eingriffe sind aufwendig und verursachen Kosten. Zudem wird dadurch doppelte Kapazität bereit gehalten, damit der Energiebedarf bundesweit gedeckt ist.
Zum sogenannten Redispatch gehören, einfach gesagt, zwei Stromerzeuger und eine Übertragungsleitung. Droht an einer bestimmten Stelle im Leitungsnetz ein Engpass, erhält das Kraftwerk vor dem Engpass die Anweisung, weniger Strom zu liefern – und auf der anderen Seite, hinter dem Engpass wird ein anderes Kraftwerk aufgefordert, seine Leistung zu erhöhen. Der Begriff ist etwas freier übersetzt, denn anders als es das englische „Redispatch“ eine „Rücksendung“ beschreibt, kommt es in dem oben beschrieben Fall zu einem „Storno“ und „Neubestellung“. Redispatches werden täglich vorgenommen: Der Vorteil ist, dass die insgesamt eingespeiste Menge an Energie sich nicht ändert und die Verbraucher weiterhin zuverlässig mit Strom versorgt werden. Auf der anderen Seite jedoch, werden mit dem Wechsel des Standorts der Stromproduktion und der somit angezapfte Reserven nachvollziehbare Kosten verursacht, die den Strompreis erhöhen.
Redispatch und Redispatch 2.0
Redispatch-Maßnahmen betreffen dabei nicht nur einzelne Übertragungsnetzbetreiber. Sie können auch im bundesweiten Verbundnetz angewandt werden, um Leitungsabschnitte vor Überlastung zu schützen. Betroffen sind große, aber mittlerweile auch kleinere Kraftwerksbetreiber. Bis 2021 wurden die Maßnahmen nur bei Anlagen mit einer Leistung von über 10 Megawatt angewendet, zum Beispiel bei großen Windparks. Mit dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) traten Neuregelungen in Kraft: Wir sprechen nun von Redispatch 2.0. Heute werden Anlagen ab 100 kW (zum Beispiel auch mittelgroße Photovoltaik-Anbieter) sowie fernsteuerbare Anlagen einbezogen. Zusätzlich sind neben den Übertragungsnetzbetreibern, wie TenneT, jetzt auch die Verteilnetzbetreiber am Redispatch beteiligt.
Kosten
Die Kosten für Redispatch schwanken jährlich, denn sie sind vielen Einflüssen ausgesetzt. In den letzten Jahren sind die Kosten stark angestiegen: 2019 erreichten Redispatch-Maßnahmen in ganz Deutschland eine Gesamtsumme von 227 Millionen Euro, 2021 lag der Betrag bei bereits 590 Millionen Euro. Wie kommen diese hohen Summen zustande? Natürlich muss der Aufwand für das Herunter- und Hochfahren der Kraftwerke auf beiden Seiten des jeweiligen Engpasses ausgeglichen werden. Hinzu kommen Entschädigungen und eventuelle Brennstoffkosten bei konventionellen Kraftwerken, kurz gesagt: Kosten für den spontanen Zukauf von Strom. In Deutschland werden diese Auslagen auf die Netzentgelte umgelegt, also gemeinschaftlich getragen.
Starke Auslastung in den Wintermonaten
Die meisten Eingriffe fallen in die Wintermonate: Starker Wind weht an den Küsten und die Windkraftanlagen speisen viel Strom ins Netz ein. Parallel steigt oft der Energiebedarf in den südlichen Bundesländern. Es entsteht ein intensiver Nord-Süd-Fluss, der die Kapazität mancher Leitungen übersteigt. Um das automatische Abschalten einer Leitungen zu verhindern, werden in diesem Moment durch Redispatch die nötigen Maßnahmen durchgeführt: die Windräder im Norden müssen die Einspeisung reduzieren und die andere Kraftwerke und Anlagen im Süden springen mit ihrer Leistung ein. Die Energiewende hat diese Situation zugespitzt. Einer der größten Anteile an der Redispatch-Arbeit entfällt hierzulande auf das Netz von TenneT: Unser Übertragungsnetz, die „Regelzone“, erstreckt sich in klarer Nord-Süd-Ausrichtung von Schleswig-Holstein bis Bayern. Für TenneT hat daher der Ausbau der Nord-Süd-Kapazität im Übertragungsnetz hohe Priorität.