
Fliegen und Freileitungen: Sicherheit in der Luft
Aus der Höhe sind Freileitungen schlecht zu erkennen. Um Kollisionen zu vermeiden und die Trassen zu schützen, gibt es für die Luftfahrt ebenso wie für Vögel spezielle Markierungen, die auf die Lei-tungen aufmerksam machen. Zusätzlich können Berufspiloten, Ballonfahrer und Hobbyflieger, die sich in der Nähe einer Höchstspannungsleitung bewegen, sich an grundlegenden Tipps orientieren.
Die Freileitungen im Übertragungsnetz sind zum Teil erstaunlich schlecht zu erkennen: Für Vögel und für die Luftfahrt stellen die Leitungen ein Hindernis dar und verschwinden aus diesem Blickwinkel zudem weitestgehend in der Landschaft – fast unsichtbar für Piloten und Flieger. Auch die Masten sind gut getarnt: Mit der bereits lange aus Gründen des Landschaftsschutzes verwendeten Farbe fügen sich die Konstruktionen gut in ihre Umgebung ein.
Drahtseilakt in der Planung
Die Bemühungen, Trassen harmonisch einzupassen, führen zu einem Drahtseilakt in der Planung. Jede neue Leitung sollte einerseits unscheinbar sein und muss andererseits für die Luftfahrt deutlich bleiben. Das gilt fürs Höchstspannungsnetz, aber auch die kleinere Leitungen im Mittelspannungsnetz oder Verteilnetz sind eine Hürde. Denn hier verbergen sich die niedrigen Masten oft hinter Baumreihen oder Alleen, was für Hobbypiloten und Ballonfahrer bei unkonventionellen Lande- oder Startmanövern ein Risiko sein kann.
Flugwarnkugeln, Signalfarben und Vogelschutzmarker
Warnhinweise und Markierungen gibt es im Höchstspannungsnetz an den Stellen, wo es eng wird, also an Verkehrsknoten, Flughäfen, Autobahnen oder in der Nähe von Bergen. Hier sind die Masten in Signalfarben markiert und die Leitungen mit Flugwarnkugeln am Erdseil versehen. Zum Schutz der Vögel gibt es ebenfalls einen Warnhinweis, meist in Form schwarzweiß gefärbter und beweglicher Lamellen am oben geführten Erdseil.
Doppelte Gefahr in Leitungsnähe
Höchstspannungsleitungen und andere Freileitungen bilden für den Flugverkehr ein doppeltes Risiko. Sie stellen zunächst ein gebautes Hindernis dar und stehen zudem mit bis zu 380 Kilovolt Spannung unter Strom. Daraus ergeben sich die Gefahren der Kollision und des Stromüberschlags. Zwar sind nicht alle Teile der Gesamtkonstruktion einer Freileitung stromführend, doch kann es bei einer Kollision durch ein Objekt von der Größe eines Kleinflugzeugs schnell zum Kurzschluss zwischen Leiterseilen und Erdseil, Mast oder dem Boden kommen. Ein Stromschlag kann unter ungünstigen Umständen auch erfolgen, wenn keine Berührung mit der Stromleitung stattfindet: Die Gefahrenzone reicht fünf Meter um eine 380-KV-Leitung herum. Unfälle passieren meist in Folge einer Verkettung von Zufällen, Fehlentscheidungen oder Ablenkungen.
Gefahren am Boden und im Gelände
Die Geschwindigkeiten sind beim Fliegen erhöht, das Manövrieren eines Flugobjekts ist viel komplexer als am Boden. Zusätzlich wird ein Umfliegen der Freileitung durch räumliche Lage erschwert. Vor allem in bergigem Gelände sind beispielsweise Talwinde zu beachten. Hier muss der Sicherheitsabstand also noch erhöht werden. Flugrouten und die benachbarten Räume müssen schon früh vertraut sein. Jedes Flugzeug verhält sich anders. Hubschrauber sind zum Beispiel sehr frei im Bewegungsradius. Die Flexibilität, überall starten und landen zu können, bringt Helikopter aber auch viel näher an Höchstspannungsleitungen. Bei niedriger Flughöhe sind Leitungen, die Täler queren, besonders gefährlich.
Flugvorbereitung
Jede Flugroute muss vorab auf Hindernisse wie Freileitungen geprüft werden. Vor allem in der Nähe der Start- und Landebahn sollten alle Hindernisse vertraut sein. Mit Karten und Positionierungssystemen kann eine sichere Route geplant werden. Auf den Karten von openstreetmap.de sind bestehende Freileitungen in Deutschland und in den Nachbarländern eingetragen. Hier können auch Laien die Flugrouten zusätzlich auf Freileitungen und andere Hindernisse gegenprüfen. Außerdem gibt es Verkehrs- und Kollisionsvermeidungssysteme, mit denen sich selbst Drohnen nachrüsten lassen.
Während des Fluges
Eine Freileitung ist aus der Luft meist nur in sehr beschränkten Blickwinkeln an minimalen Reflektionen des Sonnenlichts zu erkennen. Es hilft, sich an den Masten zu orientieren, die meist etwas früher zu sehen sind. Befindet man sich in Leitungsnähe, sollten Ausweich- und Landemöglichkeiten wie auch andere Flugobjekte im Blick behalten werden. Kommt es zu einer Panne oder Beeinträchtigung, bleibt dann ein Ausweg offen. Zusätzlich sollten grade bei Notmanövern die allgemeinen Witterungseinflüsse und die Veränderung der Leitung beachten: Bei hohen Temperaturen und starker Netzauslastung dehnen sich die Seile und hängen damit etwas tiefer.
Drohnen
Eine Drohne ist kein Spielzeug – seit 2021 benötigt jeder Drohnenpilot einen Pilotenschein vom Luftfahrtbundesamt. Mit der Registrierung gibt es eine Nummer, die auch auf der Drohne angebracht sein muss. Eine spezielle Haftpflichtversicherung für Drohnenflüge ist zwar keine Pflicht, erscheint aber aufgrund der Ausmaße der möglichen Schäden, die eine verirrte Drohne anrichten kann, in jedem Fall sinnvoll.
Im Notfall
Im Notfall wird immer ein Notdienst benachrichtigt. Die Gefahrenstelle ist weiträumig zu meiden. Liegt auch noch ein gerissenes Seil auf dem Boden, steht auch der Boden womöglich in Form eines sogenannten Spannungstrichters unter Strom.
Tipps für die Luftfahrt im Überblick
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Flugroute auf Hindernisse prüfen
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Besondere Aufmerksamkeit während des Fluges
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Geltende Höhenbeschränkungen beachten und Flughöhen nicht unterschreiten
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Mit allen Flugobjekten (Drohnen, Seglern, etc.) Abstand zur Stromleitung halten und beim Fliegen die schlechte Sichtbarkeit der Leiterseile und Erdkabel einkalkulieren
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Das Durchhängen der Seile bei Wärme bedenken
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Wetter respektieren: Bei Nebel ist die Leitung noch schlechter zu sehen, Wind und Fallwinde lenken kleine Flugzeuge und Ballons auf unvorhergesehene Bahnen, bei starker Hitze entstehen ungewohnte Auftriebe
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Bei Unfällen Notdienst informieren und die Anweisungen befolgen. Unter keinen Umständen dürfen Drohnen oder andere Objekte eigenhändig aus dem Mast geholt werden.